Eierfahrt 2020

Es ist der 12. Januar 2020 und Petrus meint es gut mit uns. Es ist kalt, aber nicht eiskalt, bedeckt, aber nicht regnerisch und den Wind kann man höchstens als laues Lüftchen bezeichnen. Perfektes Ruderwetter also. Eigentlich schade, dass wir bei diesen Bedingungen nur vier Kilometer zu rudern haben. Den optimalen äußeren Umständen ist es dann wohl auch geschuldet, dass sich an diesem frühen Sonntagmorgen ganze fünfzehn WRVler am Bootshaus eingefunden haben, um sich per Ruderboot auf den Weg zur Kasteler Ruder- und Kanu-Gesellschaft zu machen. Das Angebot, dieses Jahr einen Kanadier aufs Wasser zu bringen, um auch den nicht rudernden Mitgliedern die Möglichkeit zu bieten, einmal an der Eierfahrt teilzunehmen, wird mangels Interesse nicht in die Tat umgesetzt. So sind es die Gigboote Gemeinschaft, Mainz, Laubenheim und Weisenau, die zum Steg getragen werden und später auf der Wiese vor dem Bootshaus der KRKG allen anderen Ruderern der Region vermitteln, wie heimatverbunden der WRV ist.

Da die KRKG bereits für 10 Uhr eingeladen hat, geht es trotz der kurzen Strecke ohne Umwege direkt den Rhein hinab nach Kastel. Die frühe Zeit ist wohl nicht bei allen Vereinen bemerkt worden, sodass nur zwei Boote der Binger AG bereits auf der Wiese liegen, als wir gegen 10:15 Uhr die Pritsche erreichen. Im schön hergerichteten Gastraum sind wir sogar die ersten, und können uns so einen der großen Tische mit bequemen Polsterstühlen aussuchen, von denen man den wunderschönen Blick auf Mainz genießen kann. Schade nur, dass selbst diese großen Tische nicht genug Platz für alle WRVler bieten, sodass wir uns an zwei Tische verteilen müssen. So gibt es dann aber auch noch genug Platz für die beiden, die den Weg zu Fuß zurückgelegt haben. Sie reihen sich später am Tag in die Menge der Brückentouristen ein, die an diesem Tag über die Theodor-Heuss-Brücke schlendern, um einmal im Leben zu sehen, wie die Brücke ohne sich darüber quälende Autokolonne aussieht. Der Beginn der Brückensperrung ist nämlich das zweite Großereignis des Tages in Mainz. Der Gastraum füllt sich derweil stetig, ist aber erst weit nach 11 Uhr wirklich voll. Da wurden uns die Reserven an Glühwein, Eiern und Brezeln bereits zwei Mal von den Helfern der KRKG aufgefüllt, die nicht zur zahlreich, sondern auch überaus fröhlich und freundlich sind.

In der folgenden Ansprache erfahren wir, dass die KRKG in diesem Jahr ihr 140 jähriges Bestehen feiert. Viel spannender ist aber die Tatsache, dass ihr treuestes Mitglied die Hälfte dieser Zeit dabei ist und mit seinen 87 Jahren noch schnell bei der Tankstelle war, um frischen Senf zu besorgen, der auszugehen drohte. Außerdem wissen jetzt alle, dass die KRKG seit Jahren intern einen Pokal an denjenigen vergibt, der die meisten Eier isst und der bisherige Rekord bei 36 liegt. Jetzt wissen wir endlich, warum es bei der letzten Eierfahrt beim WRV an einem Tisch zu einer „Eier-fress-Orgie“ kam, die damals nur durch Unterbindung des Nachschubs gestoppt werden konnte.
Als während der Ansprache eine Vertreterin des RV Ingelheim ans Rednerpult gebeten wird, sieht man im Saal schon die Kinnladen hinunter klappen. „Schon wieder Ingelheim? Da waren wir noch erst vor kurzen“ sieht man es förmlich in den Gedankenblasen über den Köpfen schweben. Aber nein, die Ingelheimer laden nicht zur nächsten Eierfahrt, sondern zur Sternfahrt am 16. Mai zur Feier ihres 100jährigen Bestehens ein, die dann aufgrund der Corona-Pandemie leider ausfallen musste..
Die Eierfahrt 2021 wird hingegen bei der RG Wiesbaden-Biebrich stattfinden, die verspricht, bis dahin den derzeit demolierten Steg wieder repariert und zu Wasser gelassen zu haben.
Nachdem die Ansprache schon beendet war, kehrt der Redner nochmal schnell zum Pult zurück und wie es sich gehört, schallt zum Abschluss ein donnerndes „Hipp Hipp Hurra“ durch den Saal, der sich daraufhin erstaunlich schnell zu leeren beginnt. Und auch hier zeigt sich wieder eine Gesetzmäßigkeit der Eierfahrt. Wer zehn Minuten später vom Tisch aufsteht, kommt eine Stunde später heim. Bei nur einem Steg, der im Falle der KRKG auch nur Platz für genau ein Boot bietet, zieht sich das Wassern der Boote nun mal hin. Aber nachdem die vier Boote des WRV gemeinsam in Kastel ankamen, wäre es ohnehin zu viel verlangt gewesen, das auch für die Rückkehr zum WRV zu erwarten. Aber alle Boote und Ruderer kehren sicher ins heimische Bootshaus zurück, sodass dem weiteren aktiven Ruderjahr 2020 nichts im Wege steht.

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